Der Traum des Weihnachtsmannes

Der „Traum“ des Weihnachtsmannes

Es gibt nichts Schöneres als den Traum der Kinder vom Weihnachtsmann. Ich weiß es, denn ich habe ihn selbst geträumt. Aber ich bin ein so genanntes Kriegskind des Jahrganges 1940, und meine Eltern feierten nie Weihnachten.

Als ich später verheiratet war und selbst Kinder hatte, beschloss ich, das Versäumte nachzuholen. Aus glänzendem weiß-rotem Stoff nähte meine Frau mir ein Weihnachtsmann-Kostüm. Flockig-weiche Kissen machten meinen Körper füllig, und eine Maske mit weißem Bart und wallendem Haar ließ mich so echt aussehen, dass ein Kind wirklich an mich, den Weihnachtsmann, glauben konnte.

Vier Jahre lang spielte ich so den Weihnachtsmann für meine Kinder und eines Tages stellte ich mir die Frage: Was geschieht wohl mit den Briefen, welche die Kinder jährlich an den Weihnachtsmann schreiben?

Ein Anruf bei der Post beantwortete meine Frage. In der Abteilung für unzustellbare Briefe stapelten sich Tausende in riesigen Säcken und als ich ausnahmsweise in ihnen herumstöbern durfte, verursachten mir die Wunschzettel so vieler Kinder Unbehagen. Eine Stimme aus der Tiefe, die des Weihnachtsmannes, sagte: „Suche weiter – und mache Kinder glücklich!“

Ich suchte weiter und weiter, bis ich auf einen Brief stieß, der mich aufrüttelte: „Lieber Weihnachtsmann“ so stand dort in kindlicher Handschrift „ich bin ein elfjähriges Mädchen. Letztes Jahr ist mein lieber Papa gestorben und meine Mama ist sehr krank. Ich weiß, dass viele noch ärmer sind als wir, und ich möchte nichts für mich. Aber könntest du uns eine Decke schicken, denn Mama friert nachts so furchtbar.“

Ich fand noch viele ähnliche Briefe und jedem Kind schickte ich eine Weihnachtskarte mit den Worten: „Ich werde zu Dir kommen, bitte warte auf mich! Gruß der Weihnachtsmann!“

Natürlich wusste ich, dass es unmöglich ist, alle Bedürfnisse dieser Kinder zu erfüllen. Doch, wenn ich ihnen wenigstens etwas Hoffnung bringen und ihnen das Gefühl geben konnte, dass ihre Hilferufe nicht ungehört verhallen, ist dies gewiss ein  kleiner, aber sehr wichtiger Trost.

Fünfzehn Jahre lang besuchte ich Kinder aller Nationalitäten, lauschte auf ihre Hilferufe in ungeöffneten Briefen und beantwortete so viele wie möglich. War ich anfangs nur in wenigen Häusern, so wurden daraus bald über 100 Besuche in unserer ganzen Region.

Mein letzter Besuch führte mich zu einer Familie mit sechs Kindern und ich verteilte Geschenke an alle. Doch während der ganzen Zeit stand ein siebtes Kind, ein hübsches Mädchen mit schwarzem Haar, betrübt in der Ecke. Ich wandte mich an sie und sagte: „Du gehörst nicht zur Familie, oder?“ „Nein“, flüsterte sie. „Möchtest du denn diese Puppe hier haben?“ fragte ich. „Nein“, wiederholte sie. Und dann, noch leiser: „Bei uns kommt nie der Weihnachtsmann und alle meine Geschwister haben auch keine Geschenke.“

Da stupste ich sie an und flüsterte zurück: „Als ich Kind war, kam auch nie der Weihnachtsmann zu mir – aber jetzt werde ich euch alle besuchen kommen.“ Die Kleine lächelte, nahm die Puppe, umarmte sie und lief hinaus.

Ich weiß nicht, wer glücklicher war - sie oder der Weihnachtsmann in mir! Machen wir doch allen Kindern eine große Freude, denn sie sind das Gold, unser Reichtum dieser Erde – und „reich“ wollen wir doch alle werden! Oder??!!

Text und Foto: POSITIV-MEDIEN (Waldemar Herzog * UBA)

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